Bei einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule quillt der Dämpfungskern (Nucleus pulposus) durch den hinteren Faserknorpelring (Annulus fibrosus) hindurch in den Spinalkanal oder Nervenwurzelaustrittskanal (Neuroforamen) heraus. Dies führt dazu, dass die durch die seitlichen Wirbellöcher austretenden Nerven bedrängt werden, wodurch es zu erheblichen Rückenschmerzen oder Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in den Arm, die Schulter oder auch zwischen den Schulterblättern kommen kann; ebenso sind Lähmungen und/oder Taubheitsgefühle möglich. Ein sehr großer Bandscheibenvorfall kann sogar das Rückenmark schädigen und Beinsymptome sowie Koordinationsstörungen beim Gehen hervorrufen.

Am Anfang steht die Diagnose

Um Sie Erfolg versprechend behandeln zu können, müssen Ihre Schmerzen genau auf das zu operierende Segment zurückzuführen sein. Eine sorgfältige klinische Untersuchung in Kombination mit bildgebenden Verfahren wie Kernspin-und Computertomographie ist deshalb unabdingbar für eine erfolgreiche Therapie Ihrer Bandscheibenerkrankung.


Häufig auftretende Beschwerden:

  • Nackenschmerzen, die bis in den Kopf und/oder die Schulterregion reichen

  • Schmerzen, Gefühlsstörungen oder einem Schwächegefühl, die vom Nacken in Arme, Handrücken und/oder Finger ziehen

  • Diffuse Schmerzen im gesamten Rücken in Kombination mit o.g. Symptomen


Was ist ein Bandscheibenvorfall?

Die Bandscheiben sind elastische, etwa 5 mm dicke Knorpelscheiben und liegen zwischen den Wirbelkörpern des Rückgrats. Ihre Hauptfunktion besteht darin, wie ein „Stoßdämpfer“ Stöße und Erschütterungen abzufangen. Im Zentrum der Bandscheibe befindet sich ein elastischer Kern (Nucleus pulposus), der von einem festen Ring aus Faserknorpel und Bindegewebe umgeben ist (Annulus fibrosus). Bei einem Bandscheibenvorfall treten Anteile des Kerns durch Risse im Faserring in die Wurzelkanäle (Neuroforamina) oder den Wirbelkanal aus. Infolgedessen kann es zu einer Kompression des Rückenmarks oder der Spinalnerven kommen; in diesem Fall gesellen sich zu den akuten Rückenschmerzen neurologische Symptome im Versorgungsgebiet der betroffenen Nervenwurzel dazu wie Lähmungen oder Gefühlsstörungen.


Wodurch wird ein Bandscheibenvorfall hervorgerufen?

Ausgangspunkt sind in der Regel degenerative Veränderungen, wodurch das betroffene Bandscheibengewebe seine Elastizität und Festigkeit einbüßt. Chronische Fehlhaltungen oder Überlastungen durch berufliche oder sportliche Beanspruchungen können dazu führen, dass auch schon bei Jüngeren die natürlichen Kompensationsmechanismen überschritten werden und die belastete Bandscheibe dem hohen Druck nicht mehr standhalten kann. Die Folgen reichen dann von einer Vorwölbung des Dämfungskerns in den Faserring bis hin zum regelrechten Bandscheibenvorfall. In der Folge können dann lokale Rücken- oder auch Nackenschmerzen sowie ausstrahlende Schmerzen in den Arm oder in die Hand auftreten. In seltenen Fällen kann auch eine Unfallverletzung einen Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich verursachen. Ein Bandscheibenvorfall der HWS macht etwa acht Prozent der Bandscheibenvorfälle aus und ist damit im Vergleich zu einem Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (in ca. 90 Prozent der Fälle) deutlich seltener.


Wie wird behandelt?

  • Konservative Behandlung

    Ein Bandscheibenvorfall der HWS ohne neurologische Ausfälle wird häufig zunächst konservativ mit schmerzlindernden Medikamenten und Schonung behandelt; begleitend können Maßnahmen wie Wärme- oder Elektrotherapie sowie eine Krankengymnastik unter physiotherapeutischer Anleitung Linderung verschaffen. Die wirksamste konservative Therapiemaßnahme stellen Injektionen von örtlichen Betäubungsmitteln und Kortisonpräparaten neben die eingeengte Nervenwurzel (periradikuläre Infiltration, PRT) dar. Sollten die Beschwerden sich nicht innerhalb von 6-8 Wochen deutlich bessern, ist eine operative Therapie zu erwägen.

  • Operative Behandlung

    Hier wird fast immer ein Zugang von vorne gewählt. Dieser ist, im Vergleich zum Zugang über den Nacken, für den Patienten deutlich weniger schmerzhaft, die Rate an Wundheilungsstörungen ist erheblich niedriger und die meisten Bandscheibenvorfälle und Stenosen lassen sich an der Halswirbelsäule aufgrund des sehr empfindlichen Rückenmarks nur von vorne sicher entfernen. Es erfolgt ein quer verlaufender Schnitt von ca. 3-4 cm Länge, der immer mit einer kosmetisch ansprechenden, selbstauflösenden und versenkten Naht verschlossen wird.

    Auch hier wird mikroneurochirurgisch mit dem Operationsmikroskop operiert. Nach Entfernung des Bandscheibenvorfalles und/oder der knöchernen Vorsprünge muss die entfernte Bandscheibe ersetzt werden; nicht selten wird im selben Schritt auch die ursprüngliche Höhe des erkrankten Bandscheibenfaches und die physiologische Kontur der HWS wiederhergestellt.

    Klassischerweise wird dies durch Implantate erreicht, die zu einer knöchernen Fusion der angrenzenden Wirbelkörper führen. Wir verwenden hier ausschließlich moderne, der natürlichen Anatomie der HWS angepasste Implantate, sogenannte Cages (engl.: cage = Käfig), Kunststoffkörper, die innen hohl sind und so ein knöchernes Durchwachsen ermöglichen. Eine zusätzliche Verschraubung der Wirbelkörper mit einer vorne aufgebrachten Titanplatte sorgt für die notwendige Stabilität. Die Cagefusion ist eine hunderttausendfach erprobte und bewährte Methode, die sehr gute Ergebnisse erbringt. Man bezeichnet sie auch als Referenzmethode oder ‚Goldstandard’, an dem sich jede neue Methode messen lassen muss.

Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper. 56-jähriger Mann mit akut aufgetretenen Schmerzen, Taubheit und Armstrecker- sowie Faustschlussschwäche rechts. Die operative Entlastung resultierte in einer sofortigen Schmerzfreiheit im Arm, die neurologischen Defizite entwickelten sich noch während des Krankenhausaufenthaltes vollständig zurück. Wiederaufnahme der Berufstätigkeit (Büroangestellter) nach vier Wochen.